Kurt Gerlach, „ ‚Richt‘-Linien durch Deutschland“

Germanien, 1943, 27–33.

This is Gerlach’s final paper in Germanien on his landscape-geometry theories. Here he extends the system of lines from Bohemia to England and Scandinavia. These “guidelines” (richtlinien) fall into groups of parallel lines labelled A, B, C, etc. The article ends with another bit of propagnda.

The notes at the end, relating to the two maps, are repeated in this Web version as captions to the maps.

Guidelines through Germany Englische Flagge

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Kurt Gerlach / „Richt“-Linien durch Deutschland

Der nachstehende Aufsatz geht wieder auf eine Frage ein, die der Verfasser in dieser Zeitschrift schon einige Male behandelt hat. Wir bringen ihn als weiteren Beitrag zu einem Problem, dessen kritische Würdigung und Nachprüfung von seiten mehrerer Wissenschaften wünschenswert wäre.

Im folgenden wird als »Richt«-Linien bezeichnet, was bisher als »Heilige Linien« im Schrifttum umlief, weil hier die praktische Bedeutung dieser Züge hervorgehoben werden soll, die offenbar die Wurzel ihrer Entstehung war, die freilich mit Recht als heilbergend, heilig, umrissen werden kann. Aus einer Vielzahl aufgetauchter Vermutungen werden eine Anzahl der Beispiele angeführt, die aus Urkunden und Schrifttumsbelegen mit dem Jahr ihrer ersten Erwähnung und der Person ihres Errichters, Einrichters, Richters bezeugt werden können, womit nicht gesagt sein soll, daß dieser Errichter der erste Errichter und das Jahr der Erwähnung auch das Jahr der ursprünglichen Anlage sein soll. Handelt es sich doch anscheinend um einen allgemeinen Brauch, zu dem jede erhabene oder betont erhabene Stelle des deutschen Bodens herausforderte: Das Überblicken der Landschaft, das heißt der Freilandschaft, das Zurechtfinden in ihr, das Anmerken des Platzes, von dem man herkam, und des Platzes, wo man hinwollte, mit Hilfe von Festorten, als welche tunlichst die Sonnenauf- und -untergänge noch heute genommen werden müßten, wenn andere Hilfsmittel der Ortsbestimmung, wie z. B. Kompaß oder Sextant, nicht bekannt wären. Daß bald schon zur Unterteilung des weiten Horizontes und zum Auffinden von Merkpunkten als Hilfsmittel das Rad genommen worben sein mag, nämlich etwa das Speichenrad eines umgelegten Wagens, sei als Vermutung solange ausgesprochen als es besser als bei Shakespeare und durch die Tasache, daß das Rad von jeher zum Richten gehört und an jeder Richtstätte zu finden war, nicht belegt werden kann. Nachgemessen wurden die Richtlinien hauptsächlich auf dem böhmischen Gebiet mit der Karte des Maßstabs 1 : 200 000, gelegentlich auf den Blättern 1 : 75 000 und in Sachsen auf der Reichskarte 1 : 100 000 und den Meßtischblättern 1 : 25 000. Aber beim Vergleich der Karten – selbst der amtlichen –, wenn sich herausstellt, {28} daß zwei benachbarte, etwa vom Maßstab 1 : 100 000, um mehr als fünf Millimeter in der Fläche abweichen, wird man leicht beurteilen können, wie bedingt die Kartenarbeit ist. Immerhin war ein solches Richtsystem für die Zwecke der Fernverständigung wie des Fernverkehrs vollkommen ausreichend, und es mögen sich an ihm die Züge der Völkerwanderung ebenso wie die Kreuzfahrten ins Heilige Land oder die Missionsreisen oder Kauffahrteizüge entlanggerankt haben, so wie diese Fernlinien ja die Beherrschung solcher Großreiche wie des karolingischen überhaupt erst ermöglichten. Macht man sich ja kaum eine Vorstellung davon, was es heißt, wenn Karl z. B. während seiner Regierungszeit sechzehn Reichsversammlungen einberief, – wie sich die Boten erst und dann die Bischöfe und Grafen mit ihrem Troß durch weite Gebiete hin- und herbewegen mußten. Oder welches Aktenwerk, welcher Botenverkehr, wieviel Ritte, Gänge und Fuhren bei einem Bistum wie dem Salzburger, um das erste beste zu nennen, nötig waren, das über eintausendsechshundert Höfe besaß. Da Kanzlei und Verwaltung im Mittelalter zum großen Teil der Kirche anvertraut waren, so sei hier eine Anzahl von Richtsträngen beschrieben, die wichtige kirchliche Gründungen in »georteter« Weise miteinander verbinden.

Karte I Die Linie A1: York–Utrecht. Ein Zufall hat nach Haucks Kirchengeschichte von Deutschland, Bd. I, S. 431 (3. u. 4. Aufl.) die Aufmerksamkeit »der kirchlichen Männer Englands« auf das friesische Volk gelenkt. Der streitsüchtige Erzbischof Wilfried von York will im Jahre 678 {29} nach Rom fliehen und wird angeblich nach der Küste Frieslands verschlagen. So werden es ja wohl die Quellen erzählen. Dann wirkt Wictberct in Friesland –, im Jahre 690 landet Willibrord mit 12 Männern an der Rheinmündung und begibt sich nach Utrecht. Der friesische Herzog Radbod wird von Pipin besiegt. Willibrord begibt sich zu Pipin und erbittet Erlaubnis und Unterstützung seiner Tätigkeit. Die Angelsachsen wählen einen eigenen friesischen Bischof, Pipin regelt jedoch die Bischofsfrage selbst und wünscht in Friesland ein Erzbistum. Im Jahre 695 wird Willibrord in Rom zum Erzbischof Frieslands geweiht und geht nach Utrecht. Dort wird eine Kirche und ein Kloster nach der Regel Benedikts gegründet. Diesen Strang A1 verlängert anscheinend im Jahre 722 der Angelsachse Winfried-Bonifatius, indem er das Kloster Amöneberg auf einem Basaltfelsen bei Marburg gründet, sodann Winfrieds bayrischer Schüler Sturm, der im Jahre 744 Fulda anlegt. Die Umstände sind auffällig, so daß wir sie hier wiedergeben (Hauck I, S. 580):. »So gab er (B.) denn seine Zustimmung dazu, daß Sturm drei Jahre, nachdem er die Priesterweihe erhalten hatte, im buchonischen Walde einen passenden Ort für eine stille Klause sich suchte. Er fand ihn am Einfluß der Haune und Geis in die Fulda, da wo später Kloster Hersfeld erbaut wurde. Mit zwei Genossen hat Sturm eine Zeitlang dort gelebt. Aber die Zelle wurde nicht alsbald zum Kloster; Bonifatius war bedenklich, hier ein Kloster zu gründen; die Nähe der heidnischen Sachsen schien dessen Bestand Gefahr zu drohen. Er gebot Sturm, weiter südwärts einen geschützten Platz zu suchen. Manchen vergeblichen Gang hat Sturm in den Waldtälern an den Abhängen der Rhön und des Vogelsberges gemacht. Schließlich schien ihm ein Ort, Eichloh genannt, allen Anforderungen zu entsprechen«. Der Ort war im Besitz Karlmanns. Karlmann gewährte dem Kloster einen Bezirk von achttausend Schritten im Durchmesser. Sturm traf am 12. März 744 mit sieben Brüdern aus Fritzlar in Eichloh ein, im Mai kam Bonifatius zur Weihe. Das Kloster wurde unter Rom gestellt, in der fränkischen Kirche eine unerhörte Neuerung.

Die Linie A2: Im Jahre 696 gründet Hrodbert-Rupert, Bischof von Worms (5), vom bayrischen Herzog Theodo gerufen, an der Stelle des späteren Salzburg die Kirche Peter und Paul. »Nicht wie ein fremder Diözesanbischof, der kommt, um zu organisieren, hat er in Bayern gewirkt, sondern wie einer der Wanderbischöfe, die für sich eine Stätte und eine Tätigkeit suchten.« – »Er traf mit dem Herzog in Regensburg zusammen, aber er blieb nicht in der bayrischen Hauptstadt. … Hrodbert suchte weiter an der Donau hinab; er gelangte bis zu den Ruinen der alten Römerstadt Laureacum (Lorch). Dann wandte er sich an der Traun aufwärts dem Gebirge zu. So kam er an die Seen des Salzkammergutes. … Hier war er nötig und hier entschloß er sich zu bleiben. Seine erste Gründung war die Peterskirche am Südufer des kleinen Wallersees, um welche bald der Ort Seekirchen entstand. Dann richtete er sein Augenmerk auf Juvavum (Salzburg, 6). Von der einstigen Römerstadt waren nur noch Trümmer übrig, über die der Wald gewachsen war, aber ganz verlassen war der Ort nicht; auch lag auf dem späteren Nonnenberg eine herzogliche Burg.« – Der Herzog überließ ihm Ort und Burg mit der dazugehörigen Flur. – Hrodbert war ein vornehmer Mann und verwandt mit dem Hause der Merowinger.

Im Jahre 874 weihte der Erzbischof von Salzburg eine Kirche in Pettau (7).

Die Linie A3: Im Jahre 968 gründete Otto I. das Erzbistum Magdeburg (42) und unterstellt ihm die neugegründeten Bistümer Brandenburg (20), Havelberg (79), Merseburg (75) {30} Zeitz (10) und Meißen (40). Im Jahre 973 erfolgt die Gründung des Bistums Prag (11), – im Jahre 993 errichtet dort Adalbert, der zweite Bischof Prags, ein Abkömmling des Geschlechtes der Slawnikinger aus Libitz, von Mutterseite her mit dem sächsischen Königshause verwandt, das Kloster Breunautsch. Břevnov, dicht südwestlich bei Prag, das eine Propstei in Raigern (12) hat. Die Strecke Raigern–Prag ist so lang wie die Strecke Prag–Zeitz. Es ist auffällig, daß nach des Prager Dekans Cosmas Chronik von Böhmen der Kulthügel auf dem Prager Burgplatz den Namen »Zizi« trug. (A. Bachmann, Geschichte Böhmens, Gotha 1899, I, S. 73.) Bereits im Jahre 836 aber entstand auf dieser Linie südöstlich Raigern die erste Kirche Mährens in Neutra (13). Sie wurde von Erzbischof Adalram von Salzburg geweiht. Eine zweite entstand auf dem Hügel Skalka unweit Trentschin (15) in demselben Jahre. Im Jahre 880 wird als Suffraganbischof Methods, der seinen Bischofssitz in Welehrad oder Ungarisch-Hradisch hatte, sein erbittertster Gegner, der Alamane Wiching, in Neutra aufgestellt.

Im Fahre 1032 gründete Herzog Bretislaus I. im Sasaubogen vierundvierzig Kilometer südöstlich Prag auf dieser Linie das Kloster Sasau. Außer Zeitz liegt noch das Bistum Minden (9) auf diesem Zug, das Ludwig der Fromme weihte, wo aber schon Karl der Große im Jahre 803 eine Kirche gründete. Den Endpunkt des Stranges A3 bildet Dokkum (8). Dort muß ein bedeutender friesischer Kult- und Regierungsplatz gewesen sein, denn dorthin berief Winfried-Bonifatius im Jahre 754 die getauften Friesen zur Firmung, und dort am Flusse Borne wurde er erschlagen.

Die Linie A4: »Der Totenbund von Attigny (80) verband die Bischöfe von Basel (63) und Chur (65) mit dem Reichsepiskopat.« (Ekklesia III. Die evangelischen Kirchen der Schweiz. Botha 1935, S. 19.)

Die Linie B1: Im Jahre 741 gründete Winfried die Bistümer Würzburg (18) und Erfurt (19). Im Jahre 968 zieht Otto I. die Linie bis Brandenburg aus.

Die Linie B2: Sie ist gegeben durch Winfrieds erstes Kloster Amöneburg (3) und Winfrieds Bischofssitz Mainz (21).

Die Linie B3: Das Bistum Bremen (24), das Kaiser Karl gründet, erhält im Jahre 787 Bischof Willehad, der in Worms geweiht wird. Die sächsischen Bistümer Minden (9), Münster, Bremen und Osnabrück gehörten zum Erzbistum Köln (23). Die Linie Bremen–Köln schneidet durch Osnabrück, und über Köln hinaus trifft sie den Bischofsort Verdun.

Die Linie B4: Nach Karls Sieg über die Sachsen »wird auch das Land nördlich der Elbe dem sächsischen Missionsgebiet angefügt. Die Arbeit daselbst erhielt das Bistum Trier (26). Bischof Amalar hat die erste Kirche in dieser Landschaft errichtet, sie stand in Hamburg (27)«. (Hauck II, S. 415.) – Die Linie schneidet auch den Bistumsort Toul (25).

Die Linie B5 ist im Jahre 1007 durch die Gründung des Bistums Bamberg (29) gezogen worden. Bamberg wurde von Otto III. an Heinrichs II. Vater, Heinrich den Bayern, gegeben. Kolberg (30) war schon vor dem Jahre 1000 Bistum und wurde dem Erzbistum Gnesen (34) unterstellt.

Die Linie B6 ist im Südwestteil ein Werk des Einsiedlers Günther, der, aus dem Geschlechts der Thüringer Grafen von Schwarzburg stammend, im Jahre 1008 nach einer Romreise in Nieder-Alteich an der Donau (31) Laienbruder des Benediktinerordens wird. Er gründet das Kloster Rinchnach, danach bei Gutwasser-Hartmanitz auf dem St. Günthersberge eine Klause. Rinchnach ist von Nieder-Alteich 27,5 Kilometer, die Klause auf dem St. Günther-{31}berge Karte II ebensoweit von Rinchnach entfernt auf dem Strange von Nieder-Alteich nach Prag zu gelegen. Von Günther heißt es bei Frind (Kirchengeschichte von Böhmen, Prag 1864, 1, S. 361): »Er baut mit unsäglicher Mühe den sogenannten Goldenen Steig durch das un-{32}wegsame Gebirge gegen Prachatitz.« Nach Günthers Tode bestattet Herzog Bretislaw den Leichnam des Einsiedlers im Kloster Breunau bei Prag, der Gründung Adalberts. – Dieser Adalbert, in Magdeburg geschult, verließ den Prager Bischofssitz, um nach dem Monte Cassino, der Stiftung Benedikts, und Rom zu gehen, und noch ein zweites Mal, um dann über Posen (32) in Preußen zu missionieren. In Tenkitten (33) im Samland wurde er im Jahre 997 erschlagen. Die Linie B6 endet in Tenkitten.

Doch ist der Trakt schon vorher betreten. Im Jahre 965 heiratet die Schwester Boleslaws II. von Böhmen, Dobrawa, den Polenprinzen Miesko, der sich im Jahre 967 taufen läßt. Im Jahre 968 wird darauf vom Kaiser Otto I. das Bistum Posen (32) mit deutscher Geistlichkeit errichtet. – Im Jahre 973 wurde das Bistum Prag gegründet.

Dle Linie B7: Im Jahre 1063 wird das Bistum Olmütz (74) errichtet.

Die Linie B8: Im Jahre 1002 wird Stephan der Heilige in Fünfkirchen zum ungarischeir König gekrönt. Fünfkirchen (16) wird Fürstensitz und Bischofsstadt, wie Waitzen (14) Bischofsstadt ist.

Die Linie B9: Die späteren baltischen Bistümer sind das Erzbistum Riga (50), Dorpat, Kulm (76) und Elbing (77). Sowohl Kulm–Elbing als auch Riga–Dorpat haben die Richtung B. Riga wird 1202 Bischofssitz. Die erste Kirche entsteht 1184 in Uexküll an der Düna. Die Linie C ist von Prag aus durch Opatowitz (37) als Zelle Breunaus und später Petschin (38) als Propstei des Klosters Opatowitz gegeben. Auf diesem Strange liegt Libitz (36), Adalberts Heimat, dann auch Krakau (39), das im Jahre 1000 Bischofssitz wird, mit Kolberg, Posen und Breslau Gnesen unterstellt, – und dann westlich von Prag das Dorf Krakau, angeblich einst der Sitz Kroks, des Vaters der Libuscha aus der tschechischen Ursage. Im Jahre 1193 wird Stift Tepl auf dem Strange C1 angelegt. Er berührt noch Bamberg, Würzburg und Worms (5), vielleicht auch Reims (53).

Die Linie C2 verbindet die gleichzeitig im Jahre 968 gegründeten Bistümer Meißen (40) und Zeitz (10), dann auch die Gründungen des Bonifatius Erfurt (19) und Amöneberg (3).

Die Richtung C läßt sich auch sonst feststellen.

Die längste Linie scheint der Zug D1 zu sein, der im Süden in den einst römischen, später karolingischen Bistümern Aquileja (41) und Salzburg (6) wurzelt. Beide Orte bestimmte Kaiser Karl als Ausgangsorte für die Slawenmission, wie er den Bistümern Köln (23) und Mainz (21) die Sachsenmission unterstellte. D1 wird wieder in der Mitte des Reiches von Otto I. in Zeitz (10), Merseburg (75), Magdeburg (42) und Oldenburg in Holstein (28) zu gleicher Zeit, im Jahre 968, besetzt.

Ansgar († 865), Mönch in Corbie, später in Corvey, der zuletzt Erzbischof von Hamburg wird, hat zwei Kirchen erbaut, in Schleswig (45) und Ripen (46). Die Kirchen in Schleswig und Hamburg liegen auf der Richtung D. Unter Svend Estridssen († 1076) wird die dänische Kirche in acht Bistümern organisiert: Lund (49), Roskilde 48), Odense (47), Schleswig (45), Ripen(46), Aarhus(43), Viberg (78) und Börglum(44).

Im Jahre 1104 wurde Lund (49) Erzbistum für die nordischen Länder. 1152 bekam Norwegen einen Erzbischof in Drontheim, 1164 Schweden seinen in Upsala, doch blieb der Erzbischof von Lund immer noch Primas auch der Schweden. (Ekklesia, II: Die skandinavischen Länder. Die Kirche in Dänemark. Leipzig 1937, S. 21). Hier sind Korrekturen der Linien A und B bemerkbar, offenbar durch die nördlichere Lage bedingt. Trotzdem laufen die nahezu gleich-{33}langen Strecken Lund–Stavanger (Bistum) und Upsala–Drontheim einander parallel und beweisen, daß auch im Norden gerichtet und abgemessen wurde.

Die Linie D2 ist deutlich mit der Entstehung des Klosters Breunau in Propsteien festgelegt und also zunächst der Tätigkeit Adalberts zuzuschreiben. Als Propsteien Breunaus gelten Raigern (12), Braunau und Wahlstatt in Schlesien. In Braunau und Wahlstatt sind später Propsteien des Klosters Opatowitz. Die Fortsetzung des geraden Zuges Raigern–Petschin–Braunau–Wahlstatt führt nach Kolberg (30), das im Jahre 1000 schon Bischofssitz war.

Die Linie D3: Die Mission unter den Friesen war Köln (23) unterstellt. Winfried-Bonifatius sollte ursprünglich Erzbischof von Köln werden.

Die Linie E1 ergibt sich aus der Abhängigkeit Utrechts (2) von Köln. Auch Mainz war dann durch Bonifatius mit Utrecht verbunden. Der Strang endet ausgezogen in Aquileja.

Die Linie E2 ist durch den im Jahre 1000 nachgezogenen Strang von Krakau nach Kolberg gegeben.

Mit den hier genannten Beispielen ist der Nachweis der Ortung und Abmessung in Deutschland zwar noch nicht erschöpfend geführt, aber sie sind auffallend genug, wenn man dazu nimmt, was der Verfasser in früheren Aufsätzen der Zeitschrift »Germanien« (1940, 7,8 und 12; – 1942, 4) gebracht hat. Es muß nun auch einleuchten, wie das befremdliche Maß von 11 Kilometern zum Bespiel in die böhmische Landschaft gekommen ist, wo es weite Strecken einteilt: es muß ein von der Karolingerzeit bis zur Stauferzeit überall im Reich gebrauchtes niedersächsisch-fränkisches Stundenmaß, die holländische Ure oder die Raste enthalten, nach denen es in der mitteldeutschen Landschaft noch Uren- oder Rastenberge gibt. Für uns erhellt aus der Tatsache dieser riesenhaften Abmessung und Ausrichtung der Vorzeit, daß es mehr Boden in Mitteleuropa in altem germanisch-deutschem Besitz gibt, als uns bisher, dem Volk ohne Raum, zugebilligt worden ist.

(1) Zu Karte I: Durch Klöster, Bistumsorte und die Orte des Todes von Bonifatius und Adalbert festgelegte Richtlinien als „Heilige Linien“ auf deutschem Reichsboden. Im Westen eine Anzahl der nicht untersuchten west-fränkischen, burgundischen und italischen Bischofsorte.

(2) Zu Karte II: Bistümer und Erzbistümer der nordischen Länder. Vor 1076 wurde die dänische Krone in acht Bistümer eingeteilt, darunter Lund in Schonen; die Bischöfe, wohl auch die Priester, waren zunächst meist Deutsche (Ekklesia II. Die Kirche in Dänemark. Leipzig 1937). 1103–1104 wurde Norwegen durch päpstliche Verordnung mit Schweden zusammen unter das Erzbistum Lund gestellt. 1152 wurde Norwegen durch den päpstlichen Legaten Kardinal Nikolaus von Breakspeare (den späteren Papst Hadrian IV.) zur selbständigen Kirchenprovinz erhoben, mit dem Bischof von Drontheim-Nidaros als Erzbischof und zehn bischöflichen Suffraganen, nämlich Bergen, Oslo, Stavanger, Hamar, zwei auf Island, je einem auf den Faröern, den Orkneys, den Hebriden und auf Grönland. (Ekklesia II. Die Kirche in Norwegen, Gotha 1936.) „Als der Bremer Kanonikus Adam um 1075 die Geschichte der nordischen Mission schrieb, stand noch der große Tempel von Odin, Thor und Frey in Alt-Upsala aufrecht“ – „Der Thingplatz wurde zum Bischofssitz, die Landschaft zur Diözese“ – „Alexander III. gab zur Zeit seines Streites mit Friedrich Barbarossa Schweden ein eigenes Erzbistum Upsala 1164“ (Ekklesia II. Die Kirche in Schweden, Gotha 1935).